Trends digitals

«Es geht nicht darum Menschen zu entlassen, sondern unproduktive Arbeiten an Maschinen zu delegieren»

Von Michèle Ullmann

20.06.2022

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In unserer Blog-Serie «5 Fragen an» stellen wir Meinungsträger und Führungspersönlichkeiten Fragen zu Themen der digitalen Transformation. Marc Tischhauser, Geschäftsführer von GastroGraubünden, stellt sich den Fragen zur Digitalisierung in der Gastronomie, die Chancen und was ihn persönlich am meisten nervt.

 

Was schätzt du persönlich als die grösste Herausforderung in punkto Digitalisierung ein?  

«Die Überwindung von Vorurteilen sehe ich als zentrale Herausforderung. Gerade in der Gastronomie hat man immer noch die Befürchtung, dass Mitarbeiter durch Maschinen ersetzt werden. Das sehen wir anders. Nehmen wir beispielsweise Service-Roboter. Erste Reaktion ist da oft: «Ich kann doch nicht mein Service-Personal durch Roboter ersetzen. Der Gast will von Menschen bedient werden!». Doch darum geht es gar nicht. Der Roboter übernimmt das lästige Hin- und Herfahren. Und wenn das der Roboter abnimmt, hast du als Servicepersonal mehr Zeit dich den Gästen zu widmen und kannst besser und mehr verkaufen.»

 

Dann siehst du die Digitalisierung also als Chance?

«Auf jeden Fall. Sie unterstützt die Hotellerie und Gastronomie dabei mit weniger Mitarbeitern auszukommen oder schafft Freiräume, um sich stärker der Kundschaft zu widmen und so im Endeffekt mehr zu verkaufen. Gerade mit dem aktuellen Personalmangel stellt dies eine grosse Chance dar. Denn zeitintensive Arbeiten müssen nicht mehr manuell gemacht werden, wie beim Beispiel mit dem Service-Roboter gut gezeigt wird. Das gilt auch für viele Andere Prozess wie die Reservation, Bezahlung, Kassenabrechnung, etc. Es geht nicht darum Menschen zu entlassen, sondern unproduktive Arbeiten zu automatisieren oder an Maschinen zu delegieren.

 

Was nervt dich am meisten an der digitalen Transformation? 

«In der Pandemie hatte ich gefühlt jede Woche ein Anruf von jemandem, der eine Applikation verkaufen wollte, die all unsere Probleme lösen soll. Gerade im Tourismus haben viele Akteure das Gefühl sie müssten ihre Herausforderungen eigenen Lösungen programmieren. Ich bin der Meinung: Die Lösungen sind schon da. Es geht viel mehr darum Bestehende Lösungen smart miteinander zu verknüpfen und dies zusammen mit seinen Mitbewerbern. Denn die haben meist dieselben Herausforderungen. Gerade in diesem Punkt erhoffe ich mir eine Besserung der Situation durch GRdigital.»

 

Was tut GastroGraubünden spezifisch, um die Mitarbeiter auf die digitale Transformationvorzubereiten? 

«Seitens GastroGraubünden bieten wir unseren Mitgliedern verschiedene Weiterbildungen und Seminare an. Diese betreffen meist nicht direkt die digitale Transformation, sondern sind dazu gedacht sie überhaupt mit auf diesen digitalen Weg zu nehmen. Beispielsweise mit Schulungen zu Social Media, Webseiten oder dem digitalen Grundauftritt. Diese bieten wir sowohl vor Ort in unserem Schulungszentrum in Chur als auch online an. Zudem versuchen wir digitale Themen immer wieder in unser Gastro Journal und auch im Newsletter aufzunehmen und auf diese Weise zu sensibilisieren.»

 

Inwiefern hat die Pandemie einen Einfluss auf die Digitalisierung der Gastronomie? 

«Viele Betriebe haben die Pandemie genutzt, um digital aufzurüsten. Bei online Bestellungen und auch elektronischen Zahlungsmöglichkeiten ging es einen grossen Schritt vorwärts. Auch digitale Menükarten mit direkter Bestell- und Bezahlfunktion werden seither öfters verwendet. Bei der online Tischreservation sind wir von anfangs 40 teilnehmenden Betrieben auf über 180 Betriebe gewachsen. Dadurch können «no-shows» massiv verringert und die Mehrfachbelegung von Tischen erleichtert werden.

 

Über Marc Tischhauser

Marc Tischhauser ist seit 2017 Geschäftsführer von GastroGraubünden, dem Arbeitgeberverband für Hotellerie & Gastronomie in Graubünden. Hier ist er verantwortlich für den Aufbau und die Neupositionierung der eigenen Hotel- und Gastronomie Fachschule, die Lancierung und Umsetzung verschiedener Projekte im Bereich Nachwuchsförderung sowie für die Interessenvertretung und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Hotellerie & Gastronomie in Graubünden. Er hat Wirtschaftswissenschaften in Zürich studiert und war danach in verschiedenen Funktionen im Tourismus, in der Regionalentwicklung sowie in der strategischen Unternehmensberatung im touristischen Umfeld tätig.